SAD: Semester-Anfangs-Depression; Erläuterung siehe Impulsiv 53
TPS: Theo-Phys-Seuche; erstmaliges Auftreten bei PhysikstudentInnen im 3. Semester, in unterschiedlicher Auswirkung: Der erste Schub besteht aus Müdigkeit (daher in diesem ersten Stadium mit SAD leicht zu verwechseln, zumal beide meist gemeinsam auftreten), gegen die auch mit Schwarztee oder Kaffee (verursacht höchstens noch zusätzliche Magengeschwüre) nicht anzukommen ist. Es folgt eine Pause der Ermutigung, in der die PatientInnen nochmal Hoffnung schöpfen können, dann allerdings verringert sich die geistige Aufnahmefähigkeit rapide. Die TPS endet meist mit einer nicht bestandenen Semestralklausur, Spätfolgen zeigen sich auch noch im Vordiplom, da entstandene Gehirnschäden nicht mehr zu reparieren sind. Ab und zu wird von immunen Personen berichtet, von seriösen WissenschaftlerInnen wird dies aber ins Reich der Märchen verwiesen.
Kopieritis: Geisteskrankheit, die sich in zwanghaftem Kopieren äußert. Neben geschwärzten Fingern und eventueller Blindheit vor allem finanzielle Folgen. Tätliche Angriffe auf KommilitonInnen (``Her mit dem Skript!!'') sollen schon vorgekommen sein, der Überfall auf Frau Metz (``Alle Blätter her oder ich schieße!'') ist aber ein reines Gerücht.
Morbus Papyrovolatius (im Volksmund auch unter ``Papierfliegerkrankheit'' bekannt): Tritt besonders in größeren, zur Rückwand hin stark aufsteigenden Hörsälen auf. Sehr schnelle Ausbreitung, ähnlich einer Massenhysterie. Menge der Papierflieger meist direkt proportional zum Langweiligkeitsgrad oder der Länge der Vorlesung. Heilung bisher unmöglich, da die Kranken in der Menge schlecht auszumachen sind. Manche ProfessorInnen schützen sich durch rechtzeitiges Verlassen der Veranstaltung vor Ansteckung (offenbar durch Luft übertragbar; ob die Hörsaaltüren ein sicheres Hindernis darstellen, ist bisher ungeklärt).
Zwanghaftes Klopfen: Ausbruch meist zur vollen Stunde bei noch nicht beendeter Vorlesung. Verlauf unklar, ständiges Auf und Ab. Geeignetes Terrain für entsprechende Studien bietet zum Beispiel die Vorlesung von Prof. Königsberger.
Panisches Ausweichen: Starker, meist unwiderstehlicher Trieb zum Putzen/Aufräumen/Einkaufen/Computer spielen u. ä. bei noch anstehenden Analysis-Hausaufgaben, für deren Erledigung die Zeit dann nicht mehr reicht. Trotz des Nebeneffekts einer blitzblanken Bude gefährlich, da meist nicht ohne größere Niederlagen gegen die 50%-Hürde zu überstehen. Einzige Hilfe: keine Einrichtung (vor allem kein Computer!!), kein Staubsauger (oder sonstiges Putzgerät, auch Socken und Unterhosen werden von zwanghaft Staubwischenden zweckentfremdet!!), kein Geld. Am besten im Freien arbeiten. In besonders schweren Fällen wurde aber auch schon Gras-Zurechtrücken und Wolkenputzfimmel beobachtet. Dann helfen nur noch Zwangsjacke und Krankenhaus.
Elisabeth
(Mathe in der Berufswelt)
Hr. Hubwieser:
Ich bin jetzt das dritte Jahr hier.
Normalerweise bin ich am Gymnasium tätig, bin aber
vom Kultusministerium an die TU abgeordnet worden.
Ein Aufgabenbereich war der Aufbau eines Lehramtsstudienganges
Informatik.
Im diesem Bereich waren wir so erfolgreich, daß es uns
gelungen ist erstens mal 30 Ersemester im WS95 herzubringen.
Bis jetzt waren es nur 2-3 pro Jahr.
Gleichzeitig haben wir einen Kompaktkurs für Lehrer ins Leben gerufen, bei
dem in einem Pilotprojekt im WS95 15 Gymnasiallehrer abgeordnet
wurden, um hier den Erweiterungsstudiengang Informatik zu
absolvieren. Nach zwei Jahren machen sie dann ihr Staatsexamen
Informatik. Weil es so gut gelaufen ist haben wir dieses Jahr
noch weitere 50 Leute in Bayern genehmigt bekommen.
Impulsiv:
Wird es Informatik als eigenständiges Fach an den Schulen geben?
Hr. Hubwieser:
Das war bisher so ein Henne-Ei-Problem. Wenn es keine Lehrer gibt,
kann man das Fach nicht einführen, und wenn es kein Fach gibt,
kann man keine Lehrer studieren lassen. Diesen Zyklus haben wir
erstmal geknackt. Jetzt gibt es die Lehrer. Gleichzeitig versuchen
wir übers Ministerium wirklich ein Fach zu etablieren.
Das ist gar nicht so einfach, weil man nicht die Inhalte nehmen kann,
die bis jetzt in Informatik gelehrt wurden. Es ist nicht Sinn der
Sache den Schülern Pascal beizubringen. Wir denken da mehr an
Datenstrukturen und die Handhabung von Information. Wir haben
zunächst mal einen didaktischen Ansatz ausgearbeitet, den wir dem
Ministerium vorschlagen werden. Dabei wird es noch schwer werden, die
Stunden für dieses Fach zu bekommen.
Im ersten Jahr war ich auch noch mit der Verbesserung der didaktischen Qualität der Lehrveranstaltungen beauftragt. Unter anderem haben wir versucht, die Tutoren unter die Fittiche zu nehmen. Ich habe die Tutoren in den Übungen besucht, sie dort beraten und versucht, einige Grundlagen der Didaktik rüberzubringen. Z.B., daß die Tutoren die Studenten viel selbst arbeiten lassen und daß auf der Tutorkonferenz schon Schwerpunkte und didaktische Tips besprochen werden.
Impulsiv:
Wird ihre Arbeit von jemand anderem fortgestezt?
Hr. Hubwieser:
Nein, zur Zeit nicht. Das war eine Stelle die damals vom Ministerium
bezahlt wurde. Jetzt werde ich von der TU bezahlt, aber hauptsächlich
für's Kompaktstudium. Da ist einfach keine Zeit für sowas.
Impulsiv:
Gäbe es denn Interesse von den Professoren?
Hr. Hubwieser:
Das Interesse ist sicher da. Das Problem ist allerdings, daß man jemand
bezahlen muß. Außerdem ist es eine heikle Angelegenheit, weil man daran
mehrere Jahre kontinuierlich daran arbeiten müßte. Bei Leuten, die so etwas
schon 15 Jahre machen, hat man kaum Chancen, auf einmal etwas zu erreichen.
Der dritte Bereich ist der Versuch, die Schulen und Hochschulen etwas mehr zusammenzubringen. Wir haben Leistungskurse und Lehrer im Rahmen von Exkursionen bzw. Fortbildungen an die TU geholt, um die Kontaktschwelle abzubauen. Wir haben einen Orientierungstag für Schüler eingeführt. Beim erstenmal im Janaur 95 waren ungefähr 450 Schüler da, die durch die TU geführt wurden. Letztes Jahr gab's eine kleine Panne bei der Ausschreibung, weshalb die Resonanz auf 150 Schüler gesunken ist. Wir machen aber auf jeden Fall weiter, um an den Schulen einen Begriff dafür zu wecken, was Informatik eigentlich ist. Auch die Lehrer haben im Grunde keine Ahnung. Bei denen hat das was mit Theorie der Programmierung zu tun, und das war's dann. Ein Hauptproblem, das sich dadurch ergibt, ist, daß so wenig Mädchen kommen. 5-10% zur Zeit. Das ist, glaube ich, darauf zurückzuführen, daß die ein viel zu technisches Bild der Informatik haben an der Schule.
Impulsiv:
Sehen Sie noch weitere Gründe für den Rückgang der Mädchenzahlen?
Hr. Hubwieser:
Das kann man natürlich nicht 100%ig sagen. Einen Verdacht, den ich habe,
ist, daß wir jetzt in einer Zeit sind, in der die ersten Hacker, die schon
mit 6 Jahren einen Computer hatten, in die 13te kommen. Die schrecken
natürlich speziell Mädchen ab.
Das Interesse an Informatik ist überhaupt sehr rückläufig. Als die Wahl- und Grundkurse eingeführt wurden, war eine riesige Begeisterung da. Anfang der 80er Jahre standen Algorithmik und strukturierte Programmierung im Vordergrund. Das wurde damals auch gleich an den Schulen propagiert. Und jetzt programmieren die da schon seit 10 Jahren vor sich hin. Man sieht, daß das nicht das ist, was man später brauchen kann. Das heißt, es schreit alles nach einem wirklichen Fach Informatik, in dem man lernt, Informationen zu handhaben.
Impulsiv:
Was sind ihre nächsten Ziele?
Hr. Hubwieser:
Wir müssen versuchen, neue Medien an die Schulen zu bringen.
Was allerdings übersehen wird, ist, daß es nicht damit getan ist, dem
Schüler einen Internet-Rechner vor die Nase zu stellen.
Wir brauchen vielmehr ein Gesamtkonzept, in dem auch Suchstrategien
und ein Gefühl für Datenstrukturen und Suchstrategien vermittelt werden.
Ich hoffe, daß mit neuen Medien auch das Bewußtsein dafür an die Schule
kommt. Das ist der Boden, auf dem auch ein Informatik-Unterricht
gedeihen könnte. Die Situation ist allerdings auch außerordentlich
schwierig an den Schulen, weil kein Geld da ist.
Impulsiv:
Wie sehen die Bestrebungen ,,Internet für Schulen`` aus?
Hr. Hubwieser:
Von ganz oben gibt es bereits eine Förderung von der Telekom und dem
Ministerium für Forschung und Technologie. Die haben 50 Mio Mark
locker gemacht für die Initiative ``Schulen ans Netz''. Dort werden
für zwei Jahre ISDN-Zugänge spendiert.
In Rosenheim haben wir vor zwei Jahren selber einen Einwahlknoten
aufgemacht speziell für Schulen, der vom Bayerischen Staatsministerium
für Kultur, Wissenschaft und Kunst und vom LRZ finanziert wurde.
Dort sind derzeit 20 Schulen dran. Dabei geht es erstmal darum, den
Lehrern das Know-How zu vermitteln. Darauf aufsetzend versuchen wir
in der Zusammenarbeit mit der TU Informationssysteme zu entwickeln.
Da hoffen wir speziell auf Prof. Schlichter mit seinem Konzept ``Vorlesung 2000''.
Wir haben derzeit viele Schulen, die sehr aktiv sind. Das ist wie
ein Souffle im Ofen. Wenn man nicht bald was nachschiebt, fällt das
ganze in 3-4 Jahren wieder zusammen und es heißt, Internet sei Mist.
Impulsiv:
Wie steht Deutschland im internationalen Vergleich da?
Hr. Hubwieser:
Ich würde sagen mittelmäßig. Mit Amerika können wir sicher nicht
mithalten. Dort sind ja fast alle Schulen dran. Kanada hat im Laufe
dieses Jahres 2000 Schulen ans Netz gebracht.
In Deutschland dürften es mittlerweile ein paar Hundert sein, die
erste Erfahrungen Sammeln. Die Initiative ``Schulen ans Netz'' ist
auf 10000 Schulen angelegt.
Impulsiv:
Gibt es neben Bayern-Online weitere Initiativen?
Hr. Hubwieser:
Es gibt ein paar große Pilotprojekte, die gut laufen.
Allerdings wird bei der Verbreitung auf Vereine gesetzt.
Aber es ist unendlich schwierig und mühsam, da das Engagement
der Leute meistens nur ein paar Monate anhält.
Es wäre wünschenswert, wenn die Staatsregierung Gelder zur
Verfügung stellen würde, die auch ein bißchen mehr in die Breite
fliessen. Da werden Millionen in hochgradige Projekte gesteckt.
Für die Bürgernetze gibt es gar nichts. Dabei wären 20 - 30000
Mark schon sehr viel, weil es schwer Sponsoren zu finden, wenn noch
gar nichts da ist.
Impulsiv:
Wo erfährt man noch mehr?
Hr. Hubwieser:
http://www-schulen.informatik.tu-muenchen.de/
Impulsiv:
Vielen Dank für das Gespräch.