! zum Inhaltsverzeichnis
< zum vorangehenden Abschnitt:
> zum folgenden Abschnitt:
"Es trafen sich einmal jeden Montag Nachmittag eine Handvoll
Physikstudenten (soweit ich mich erinnern kann, konvergierte der Frauenanteil
gegen null) höheren Semesters, um einer interessanten
Vorlesung zu lauschen. Der Professor hatte am Semesteranfang
versprochen, etwas über Leitung, Nichtleitung oder Halbleitung zu erzählen. Die Studenten merkten bald, daß der Dozent nicht nur
vorlas, sondern auch versuchte, die Zuhörer durch (witzige)
Bemerkungen und neue Entwicklungen bei Laune zu halten. Was ihm auch
größtenteils gelang, denn am Semesterende fand sich der Großteil der
Interessierten immer noch im Hörsaal ein. So auch in
der letzten Stunde des Semesters. Vielleicht wollte der eine oder andere auch
nur den Professor ein letztes Mal sehen, da sich die
Gerüchte um eine Berufung in andere Regionen Deutschlands
erhärteten. Andere vermuteten, das große Interesse galt nur der
versprochenen Zusammenfassung mit anschließender Nachbesprechung ...
Jedenfalls wurde der Stoff durch den Dozenten noch einmal gerafft
dargestellt, und im Anschluß an die Vorlesung begaben sich alle in den
"Seminarraum"des Lehrstuhls. Die Nachbearbeitung
bestand zunächst aus einem Kasten Bier und mehreren Flaschen
Saft. Doch nach etwas Physiker-Smalltalk ("Was wollt ihr denn so
machen?", "Wie soll das eigentlich mit der neuen Prüfungsordnung
so genau aussehen?"..., usw.) kam das Gespräch
auf das Physikstudium im allgemeinen und auch speziell an der TUM. Nachdem der
eine oder andere Student seinen Frust über das Studium losgelassen hatte,
stellte sich heraus, daß man bei diesem
Professor nur offene Türen einrannte (zumindest soweit die Meinungen aus den
beiden Perspektiven übereinstimmen konnten). So
zeigte sich zum Beispiel, daß gerade auch bei den
Einführungsvorlesungen die Professoren die größten Probleme sehen.
Deshalb einigte man sich schnell, daß bei der Ausbildung vor allem
im Grundstudium einiges im argen liegt. Daraufhin wollte man,
entgegen üblicher Stammtischlaune, auch noch Verbesserungsvorschläge (!)
überlegen. So erfuhr man vom Herrn Professor, daß
es in Dortmund ein völlig anderes Modell gibt.
Dort sollen angeblich die "Anfängervorlesungen"von einem
Experimental-Physiker und einem Theoretischen-Physiker gemeinsam (!!!!!!!!!)
gelesen werden - mit großem Erfolg. Wie sich
nämlich herausstellte, konnten die Theoretiker den Stoff oft besser
erklären als ihre experimentell arbeitenden Kollegen. Doch nun stellt sich
die Frage, warum ist so etwas an der TU nicht möglich?
Zunächst erfuhr man, daß die Kommunikation zwischen den
Lehrstühlen am Physik-Department nicht besonders gut ist. Außerdem
meinte der Professor, "es ist halt bisher kein Druck auf
die Professoren da...". Aber mit dem jüngsten Jahrgang hat
sich schon ein drastischer Rückgang bei den Studentenzahlen eingestellt, und
so sei es nicht mehr möglich, die bisherigen "Ausfallquoten"in Kauf
zu nehmen. Dadurch werde sich die Situation
über kurz oder lang zwangsweise ändern, und die Studenten sollten versuchen,
diesen Umgestaltungsprozeß aktiv mitzugestalten ...So werde am Department
durchaus bemerkt, daß einige
Lehrstühle seit längerem nur wenige oder praktisch keine Diplomanden,
andere dagegen sehr viele haben.
Mit derartigen Einsichten in die Welt der TUM verließen die
Studenten zu später Stunde die Garchinger Wissensburg mit der Hoffnung,
daß in Zukunft vielleicht doch alles anders (besser !?)
wird, wenn jeder selbst sich nur etwas engagiert... "
Anmerkungen des Autors :
Matthias Skalitz